Die Himmel verkünden... Astronomie, Kalender und Religion

Leitartikel von Fr. Juan Casanovas S.J.

Der erste und praktischste Grund, warum die Menschen im Altertum die Sterne und Planeten mit ihren jeweiligen Bewegungen studierten, war der Wunsch, einen zuverlässigen Kalender zu erstellen.
Ein Kalender zählt die Tage in Einheiten von Wochen, Monaten und Jahren. Das Problem bei der Erstellung eines Kalenders ist der Tatsache geschuldet, dass der Mondmonat keine exakte Anzahl von Tagen hat; und ebenso wenig hat das Jahr eine exakte Anzahl an Tagen oder eine genaue Anzahl an Monaten. Die Differenzen, Bruchteile eines Tages und Bruchteile eines Monats innerhalb eines Jahres, summieren sich über die Jahre, was es schließlich erforderlich macht, Tage hinzuzufügen oder wegzulassen, damit der Kalender im Einklang mit der jährlichen Abfolge der Jahreszeiten bleibt. Dieses Verfahren nennt man Interkalation oder Einschaltung. Ein guter Kalender ist ein einfaches und klares Regelwerk, aus dem hervorgeht, wann gegebenenfalls ein Tag oder gar ein Mondmonat eingeschaltet werden muss.

Der hebräische Kalender

Die uns vertraute Sieben-Tage-Woche hatte ihren Ursprung vermutlich in Babylon und geht damit der geschriebenen Geschichte voraus; eine Theorie legt nahe, dass es sich dabei um das Zählen der Tage zwischen den Markttagen handelt. Der Monat basierte ursprünglich auf den Mondphasen; zu wissen, wann Vollmond ist (der den Nachthimmel beleuchtet) war vor allem für Jäger und all diejenigen wichtig, die in der Nähe von Tidengewässern lebten (wobei die höchsten Fluten mit dem Neu- und Vollmond in Zusammenhang gebracht wurden). Das Jahr spielte insbesondere in Ackerbaukulturen eine bedeutende Rolle, weil hier Kenntnisse über die richtigen Zeiten fürs Anpflanzen und Ernten erforderlich waren.

Bei den alten Hebräern war der Kalender nicht bloß eine von Menschen zusammengestellte Tafel mit Zahlen, sondern er gründete auf Himmelsereignissen, deren Ursprünge als von Gott gesendet galten. Das geht auch aus den Bibelstellen hervor, die beschreiben, zu welchem Zweck der Schöpfer die Himmelskörper erschuf. Im Buch Genesis (1: 14-18) heißt es: „Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und seien Zeichen für Zeiten, Tage und Jahre und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf die Erde. Und es geschah so. Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis.“ Zudem ist in Psalm 104: 19 zu lesen: „Du hast den Mond gemacht, das Jahr danach zu teilen ...“ So richtete sich der ursprüngliche hebräische Kalender nach Himmelsereignissen, die jeder leicht sehen konnte.

Die tatsächliche Länge eines Mondmonats – die Zeit, in der der Mond all seine Phasen durchläuft – beträgt 29einhalb Tage (dem heute akzeptierten Wert zufolge 29,53085 Tage). Die Hebräer legten fest, dass ein Jahr aus zwölf Monaten besteht, die abwechselnd 29 und 30 Tage lang waren. Das Problem dabei ist, dass ein solches Mondjahr nur 354 Tage hat und damit 11 Tage kürzer ist als das Sonnenjahr, das den Jahreszeiten folgt. Die Bauern müssen aber die Jahreszeiten verfolgen können, um ihre Arbeiten auf dem Land wie die Aussaat und das Einbringen der Ernte zu planen. Deshalb muss in jedem Kalender, der sowohl dem Mond als auch der Sonne folgen soll (Lunisolarkalender), alle zwei oder drei Jahre ein zusätzlicher Monat eingeschaltet werden.

Im Jahr 432 v. Chr. stellte der griechische Mathematiker Meton fest, dass 235 Mondmonate fast genau 19 Sonnenjahren entsprechen; der Unterschied beträgt nur wenige Stunden, was auf gerade mal einen Tag in über 300 Jahren hinausläuft. So kann man die Mond- und Sonnenkalender koordinieren, indem in diesen 19-Jahre-Rhythmus jeweils sieben Schaltmonate (embolistischeMonate) eingefügt werden. Es ist ziemlich einfach, eine Tabelle für jedes Jahr des metonischen Zyklus zu erstellen, der den Tag angibt, an dem Neumond ist. Da sich dieser Zyklus immer wiederholt, hätte man fast einen ewigen Kalender. Meton erarbeitete die Regel für die Einschaltung der zusätzlichen Monate.

Aber den alten Hebräern war das metonische System nicht bekannt. Ohne eine präzise Regel lag es nicht direkt auf der Hand, wann ein Schaltmonat einzufügen war.

Wer der Astronomie kundig war, konnte die Position der Sonne problemlos mit einem einfachen Gnomon bestimmen (indem man die sich verändernden Längen der Schatten der Sonne beobachtete, wie sie von einem senkrecht stehenden Pfahl oder einem Obelisken geworfen wurden). Aber es scheint, als sei der Sanhedrin, die Ältestenversammlung, die das jüdische Leben regelte, in der Praxis nicht sonderlich systematisch dabei vorgegangen, den Ablauf der Jahreszeiten für die Bauern zu ermitteln. So war es immer ein wenig ungewiss, wann die Ältesten den ersten Mond (bzw. Monat) des Jahres festlegen würden; Schaltmonate wurden nach ihrem Gutdünken eingefügt. Sie fanden es einfacher, anhand bestimmter Ereignisse, die sich jedes Jahr wiederholten, den Überblick über die Jahre zu behalten, statt von einem präzise festgelegten Jahresbeginn an zu zählen. Das Jahr begann immer am ersten Tag eines Mondmonats. In der Regel fiel der erste Monat des Jahres in den Frühling (an einigen Orten fiel er auch in den Herbst, aber das spielt für die vorliegende Erörterung keine Rolle, denn die Idee ist die gleiche). Der Mondmonat begann immer mit dem Neumond. Der Tag des Neumonds (Neomenia) war ein Feiertag mit bestimmten vorgeschriebenen Opfern im Tempel (vgl. Num. 28: 11-15). Es war nicht immer einfach, den Beginn des Monats zu bestimmen. Neben dem Problem, dass schlechtes Wetter den Mond verdecken konnte, ist es unmöglich, einen Neumond tatsächlich zu beobachten, denn er ereignet sich, wenn der Mond in Konjunktion mit der Sonne steht und daher von der Helligkeit der Sonne verdeckt wird. Die dünne Mondsichel ist erst am Tag nach Neumond zu sehen und auch dann nur schwer zu erkennen. Die Muslime müssen auch heute noch nach der ersten sichtbaren Sichel des Neumonds Ausschau halten, um ihren religiösen Kalender zu erstellen. Ihre Monatsanfänge und ihr Kalenderjahr beruhen immer noch auf direkten Himmelsbeobachtungen. Zur Festlegung des Datums für das Passahfest folgten die Hebräer den in Exodus (12: 1-8), Numeri (28: 16) und Levitikus (23: 5) niedergeschriebenen mosaischen Regeln: „Am vierzehnten Tage des ersten Monats zur Zeit der Abenddämmerung ist des HERRN Passah.“ Die 14. Nacht des ersten Monats entspricht dem ersten Vollmond des Jahres, da der Vollmond immer 14 Tage nach Neumond auftritt.

Es sei darauf hingewiesen, dass das Passahfest durch diese Definition für die Hebräer kein „beweglicher Feiertag“ war, sondern jedes Jahr am selben Tag desselben Monats stattfand: am Tag des ersten Vollmonds im Jahr. Aber die Entscheidung, welcher Monat der erste des Jahres sein sollte, wurde vom Hohen Rat, dem Sanhedrin, gefällt, der – wie oben bereits erwähnt – auch darüber entschied, ob es erforderlich war, einen Schaltmonat einzufügen oder nicht. Angesichts der oben beschriebenen Schwierigkeiten und der möglichen Unerfahrenheit der Mitglieder des Hohen Rats war es durchaus möglich, dass sie eine falsche Entscheidung trafen.

Sobald der Neumond vom Sanehedrin direkt beobachtet wurde, folgte eine feierliche Verkündung, die mit Posaunenblasen, Opfern in den Tempeln und der Versendung von Nachrichten in andere Städte im ganzen Land einhergingen. Falls aufgrund schlechten Wetters keine direkte Beobachtung möglich war, griffen sie auf Berechnungen zurück, die auf den Beobachtungen des Vormonats beruhten. Dasselbe Verfahren wurde für die Verkündung des Jahresbeginns angewandt.

Nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. und der anschließenden Diaspora des jüdischen Volkes konnte dieses System nicht aufrechterhalten werden; es gab keine Tempelbehörde mehr, die den Beginn des Monats oder des Jahres hätte verkünden können. Stattdessen entschieden sie schließlich, den metonischen Zyklus von 19 Jahren für die Zeitrechnung zu übernehmen, die deshalb nicht länger auf direkten Mondbeobachtungen beruhte. Auf diese Weise konnte wenigstens die gesamte jüdische Gemeinschaft der Diaspora das Passahfest am selben Tag feiern.


Der christliche Kalender und das Konzil von Nicäa

Zunächst folgten die frühen Christen den Juden in der Berechnung des Datums für das Passahfest, gingen aber bald eigene Wege und verschoben die Osterfeierlichkeiten auf den unmittelbar dem Sabbat folgenden Tag nach dem Passahfest – und damit auf einen Sonntag. Für die Christen hatte Ostern eine andere Bedeutung: Es ging nicht wie beim Passahfest um die Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft, sondern um das Versprechen der Auferstehung (die sich an einem Sonntag ereignete) und die Vergebung der Sünden. Aber genau wie die jüdischen befanden sich auch die verschiedenen christlichen Kirchen in weiter Entfernung voneinander mit teils schlechten Verständigungsmöglichkeiten. Deshalb hielten sie es für erforderlich, dass das Datum für das Osterfest eigenständig errechnet werden konnte. Das war eine Herausforderung für die Einheit des Christentums, der sich schließlich das Konzil von Nicäa im Jahr 325 n. Chr. annahm, das zu einem wichtigen Datum im christlichen Kalender wurde.

Zu der Zeit galt der von Julius Caesar eingeführte Kalender im gesamten Römischen Reich. Bei diesem Kalender musste nicht länger entschieden werden, wann und ob ein Schaltmonat eingefügt werden sollte, damit der erste Monat des Jahres immer im Frühling lag. Denn die sich nach dem Mond richtenden Monate von 29 oder 30 Tagen wurden durch 12 Monate ersetzt, die nun nur noch bloße Zeitspannen waren, deren Länge per Bestimmung auf 30 oder 31 Tage festgelegt worden war. Damit waren die Mondmonate natürlich für immer aus dem römischen Kalender verschwunden. Das neue System hatte den Vorteil, dass das julianische Jahr im Einklang mit den Jahreszeiten und den Bewegungen der Sonne stand. Angesichts der universellen Verwendung dieses Kalenders legte das Konzil die Tagundnachtgleiche des julianischen Kalenders fest und legte den Text des Alten Testaments in Bezug auf das Passahfest (und somit auch Ostern) folgendermaßen aus: Ostern würde an dem Sonntag gefeiert, der dem ersten Vollmond nach dem 21. März folgt. Sollte der Vollmond selbst auf einen Sonntag fallen, würde das Osterfest am darauffolgenden Sonntag gefeiert. Das sollte eine Verschmelzung des christlichen Osterfestes mit dem hebräischen Passahfest verhindern. Festzuhalten ist, dass der Kalender nach dieser Definition nicht mehr auf eine Autorität angewiesen war, die jedes Jahr feierlich das Datum des Passahfestes verkünden würde – mit all der damit einhergehenden Willkürlichkeit und Unsicherheit. Jetzt konnten alle Kirchen, selbst die abgelegensten, den Termin des Osterfestes selbst errechnen.

Beachtenswert ist zudem, dass das Konzil auch hätte beschließen können, den Ostertermin anhand der direkten Beobachtung des Vollmonds zu bestimmen; stattdessen zog man aber vor, den Tag des Vollmonds unabhängig von direkten Beobachtungen zu errechnen, weil es aufgrund der Wetterbedingungen nicht immer möglich sein würde, die nötigen Beobachtungen anzustellen. Das Konzil verließ sich stattdessen auf den oben beschriebenen metonischen Zyklus.

Die Väter des Konzils von Nicäa waren sich bewusst, dass diese Terminierung des Osterfests lediglich eine mathematische Auslegung des zitierten Texts aus dem Alten Testament war. Sie überließen es der Kirche von Alexandria, einer Stadt mit reicher astronomischer Tradition, ein genaueres Schema für die Errechnung des Osterdatums zu erarbeiten. Das schließlich angenommene System zur Bestimmung des Datums vom Neumond wurde 200 Jahre später von Dionysius Exiguus ausgearbeitet, einem in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts in Rom lebenden Mönch. Im Zuge seiner Arbeit führte er das Konzept und die Zeitrechnung der „Jahre des Herrn“ („Anno Domini“) ein, die auch heute noch gebräuchlich sind.

Dionysius erstellte eine Tabelle, von der man das Datum des Neumonds für jeden Montag der julianischen Jahre im 19-jährigen metonischen Zyklus ablesen konnte; die Tabelle wiederholte sich alle 19 Jahre. Der erste Zyklus wurde auf den Beginn des Jahres 1 n. Chr. festgelegt. Um das gerade aktuelle Jahr im metonischen Zyklus anzuzeigen, wurde die Goldene Zahl als Kenngröße eingeführt.

Um also das Osterdatum für ein bestimmtes Jahr zu errechnen, bestimmte man zunächst die Goldene Zahl des Jahres und ermittelte dann anhand Dionysius’ Neumond-Tabelle den ersten Neumond nach dem 21. März. Der österliche Mond, der Vollmond, würde 13 Tage später auftreten, das heißt, am 14. Tag des Mondmonats. Das Osterdatum wäre dann der Sonntag nach dem ersten Vollmond, es sei denn, dieser Vollmond fiele selbst auf einen Sonntag; in dem Fall würde Ostern dann am folgenden Sonntag gefeiert. (Aus weiteren von Dionysius erstellten Tabellen war auch leicht abzulesen, welcher Tag in einem bestimmten Monat eines bestimmten Jahres ein Sonntag war. Die Abfolge der Wochentage wurde in all diesen Kalenderreformen unverändert beibehalten.)

Dank der Neumond-Tabellen konnte das Osterdatum zweifelsfrei errechnet werden. Der österliche Neumond trat immer zwischen dem 8. März und 5. April auf und der Vollmond entsprechend zwischen dem 21. März und 18. April. Eingedenk der Möglichkeit, dass der 18. April ein Sonntag sein konnte, lagen die für das Osterfest möglichen Daten zwischen dem 22. März und 25. April.

Man erinnere sich, dass die alten Hebräer das Passahfest immer auf den 14. Tag des ersten Monats im Jahr gelegt hatten, also den Tag, an dem tatsächlich Vollmond herrschte. Bei ihnen konnte der Tag ohne die Hilfe komplizierter richtungsweisender Tabellen bestimmt werden; jeder kann den Vollmond sehen, was für sie von besonderer Bedeutung für die Festlegung von Feiertagen war. Für das christliche Osterfest galt das nicht mehr; Ostern konnte tatsächlich bis zu sieben Tage nach dem Vollmond liegen.

Die gregorianische Kalenderreform

Den Vätern des Konzils von Nicäa war sicherlich bewusst, dass sie uns keinen perfekten Kalender hinterließen. Ihnen war klar, dass die Dauer eines julianischen Sonnenjahres ein klein wenig zu lang war und dass dieser Unterschied in einer oder zwei Generationen erkennbar werden würde, da sich der kleine Fehler kontinuierlich vergrößerte. Jeder wusste, dass dieser „Defekt“ zu einem Fehler von etwa einem Tag in 133 Jahren führen würde, wenn man das julianische Jahr von 365 Tagen (plus einem Vierteltag) mit dem tatsächlichen Wert eines Jahres verglich. Es dauerte nicht lange, bis Stimmen laut wurden, die eine Reform des Kalenders forderten.

Im Mittelalter gaben die Kalender gewöhnlich sowohl den „wahren“ astronomischen Tag der Tagundnachtgleiche an, an dem die Sonne in den Widderpunkt eintritt, als auch die „offizielle“ Tagundnachtgleiche, die nach wie vor auf den 21. März festgelegt war. Bis Anfang des 16. Jahrhunderts hatte sich dieser Unterschied bereits auf 10 Tage summiert. Aber das war vermutlich nicht der einzige Grund für eine Kalenderreform. Auch in Bezug auf die Bestimmung des Neumonds nach dem metonischen Zyklus belief sich der Fehler schon auf vier Tage, weshalb die Berechnung des Osterdatums nicht länger im Einklang mit dem Geist des Konzils von Nicäa stand. Die Situation geriet außer Kontrolle.

Zunächst einmal musste für das Jahr ein Wert festgelegt werden, der der tatsächlichen Länge eines Jahres besser entsprach. Als Julius Caesar dem Rat des Astronomen Sosigenes aus Alexandria folgte und das Jahr aus 365,25 Tagen einführte, war bereits bekannt, dass dies ein klein wenig zu lang war – was wie gesagt zu einer Abweichung von einem Tag in etwa 133 Jahren führen würde. Aber um einen einfachen und praktischen Kalender zu erstellen, entschied man seinerzeit, lediglich alle vier Jahre einen Schalttag einzufügen und alle weiteren Korrekturen in die ferne Zukunft zu verschieben. Dieser kleine Unterschied hatte sich im Laufe der Zeit jedoch akkumuliert und im Mittelalter war offensichtlich, dass die Frühlings-Tagundnachtgleiche nicht mehr mit ihrem offiziellen Datum, dem 21. März, übereinstimmte.

Auf Kirchenkonzilen, allen voran denen in Konstanz (1414-1418) und Trient (1545-1563) wurden die Päpste gebeten, für eine Korrektur des Kalenders zu sorgen. Dass sich diese Korrektur hinauszögerte, war nicht einer Nachlässigkeit der Päpste geschuldet, sondern darauf zurückzuführen, dass niemand einen fundierten und einfachen Reformvorschlag vorlegen konnte, der voll im Einklang mit dem Konzil von Nicäa stand.

In einer in 1560 in Verona veröffentlichten Abhandlung schrieb Pietro Pitati, dass dreimal 133 Jahre quasi 400 Jahren entsprechen, weshalb er zu der Einsicht gelangt sei, dass eine bessere Annäherung erreichbar sei, wenn man alle 400 Jahre drei Tage aus dem Kalender streichen würde: Er schlug daher vor, das normale Jahr mit 365 Tagen und einem Schaltjahr alle vier Jahre beizubehalten mit Ausnahme der Jahre, die in zwei Nullen enden. Wenn diese Jahre allerdings durch 400 teilbar seien, sollte es ein Schaltjahr bleiben. (So würden 1896 und 1904 ein Schaltjahr bleiben, 1900 aber nicht; 2000 dagegen schon.)

Das war aber erst ein erster Schritt zur Reform des Kalenders. Zu dem Zeitpunkt wich der Neumond in der Tabelle von Dionysius bereits vier Tage von der tatsächlich beobachteten Position des Mondes ab. Pitati studierte die Zeitspannen für einen Umlauf des Mondes um die Erde (Lunation) mithilfe astronomischer Tafeln seiner Zeit, konnte aber mit keiner wirklich praktischen Lösung für das Problem aufwarten. Es blieb Aloisius Lilius (Luigi Lilio, 1510-1552), einem Professor für Medizin an der Universität von Perugia, überlassen, die endgültige Lösung zu finden.

Man erinnere sich daran, dass das Schema von Dionysius, an dem man den Neumond für jede Goldene Zahl, die einem bestimmten Jahr entsprach, ablesen konnte, lediglich zuließ, nur so viele zusätzliche Monate einzufügen, wie es für die Übereinstimmung von Mond- und Sonnenkalender erforderlich war. Lilius’ Idee war, Gebrauch von den Epakten zu machen, die den Unterschied zwischen dem Mond- und Sonnenjahr in Tagen statt in Monaten angaben. Damit könnte der Kalender um einen Tag statt einen Monat berichtigt werden. Die Epakte für ein bestimmtes Jahr wurde durch das Mondalter bestimmt, d.h. durch den Tag des Mondmonats am ersten Januartag des betreffenden Jahres. Wenn beispielsweise der Mond an diesem Tag an seinem 14. Tag war (Vollmond), war die Epakte des Jahres „14“. Damit konnte man die alten Tabellen von Dionysius mit einer vergleichbaren Tabelle ersetzen, in der die Goldene Zahl durch die Epakte ersetzt wurde. Die Berechnung des Ostertermins erfolgte dann mehr oder weniger genauso vor wie zuvor; die Epakte des jeweiligen Jahres wurde als Goldene Zahl genommen. Und wenn der metonische Zyklus vom tatsächlichen Auftreten des Neumonds abwich, konnte die Epakte durch die Anzahl der Tage berichtigt werden, die notwendig waren, um den Kalender wieder in Übereinstimmung mit den Beobachtungen zu bringen. Diese Einschaltung wurde Gleichung (im Sinne von Ausgleich) der Epakte genannt.

Die schließlich angenommene „Gleichungs“-Regel besagte, dass das Mondalter alle 300 Jahre um einen Tag reduziert werden sollte, was über einen Zeitraum von acht solcher 300-Jahr-Perioden wiederholt werden würde, um dann nach einer Zeitspanne von 400 Jahren eine Anpassung von einem weiteren Tag zu machen. Dieser Zyklus von 2800 Jahren konnte sich unendlich wiederholen.

Zu guter Letzt wurde entschieden, alle diese Einschaltungen und Korrekturen nur in Jahren vorzunehmen, die mit zwei Nullen endeten. Diese Jahre wurden Säkularjahre genannt, da mit ihnen ein Jahrhundert beginnt (oder endet, je nachdem, wie man es ausdrücken möchte). So konnte in jedem Säkularjahr eine Gleichung von einem Tag eingeführt werden, wenn dies nötig war (womit alle 300 bzw. 400 Jahre die Mondgleichung verschoben wird), um das Mondjahr anzupassen, während gleichzeitig die entsprechende Korrektur des Sonnenjahres vorgenommen wurde (Schaltjahr oder nicht). Zusammen dienten diese beiden Korrekturen dazu, die Tabelle der Epakte zu ändern, die die zuvor verwendete Tabelle der Goldenen Zahl ersetzen sollte.

Aloisius Lilius’ Vorschlag wurde nach seinem Tod von seinem Bruder Papst Gregorius XIII. unterbreitet und von diesem sofort akzeptiert. Es wurde eine Kalenderkommission ernannt, um eine Beschreibung des Vorschlags auszuarbeiten, das Compendium genannt und 1577 an alle zivilen Autoritäten Europas, einschließlich Universitäten und Akademien, geschickt wurde. Nach der Durchsicht aller Antworten verfasste die Kalenderkommission die päpstliche Bulle Inter Gravissimas, mit der 1582 die Annahme des neuen Kalenders dekretiert wurde.

Die Einführung des neuen Kalenders war de facto wohl eher eine Korrektur als eine Reform. Die Zeitrechnung basierte von nun an auf einem etwas präziseren Wert für die Länge eines Jahres und zudem auf einer leicht angepassten Berechnungsmethode der Mondphasen. Die julianische Regel der Schaltjahre wurde nur unerheblich modifiziert. Mit Lilius’ Mechanismus der Epakten wurde der metonische Zyklus als gültige Methode zur Berechnung des Osterdatums in Einklang mit der Tradition bewahrt. Und schließlich wurden einmalig zehn Tage aus dem Kalender gestrichen, um die Tagundnachtgleiche wieder auf den 21. März zurückzubringen, damit auch dieser Tag wieder im Einklang mit dem offiziellen, seit dem Konzil von Nicäa gebräuchlichem Datum steht. Das war das große Verdienst der gregorianischen Reform: Mit einem Minimum an Anpassungen und klaren Regeln bewahrte sie die Intention des Konzils. Und weil sie sich auf ein Konzil stützte, das noch vor dem Schisma zwischen Ost und West stattfand, hoffte man, dass diese Reform nicht zu weiteren Konflikten mit der orthodoxen Kirche führen würde.

Ein wichtiges Mitglied der Kommission für die Kalenderreform war Fr. Christoph Clavius SJ, ein Mathematikprofessor am Collegio Romano, der für seine Veröffentlichungen in den Bereichen Geometrie, Arithmetik und Astronomie bekannt war. Es ist schwer, mit Sicherheit zu sagen, welche Rolle er in der Kommission spielte, aber immerhin war er derjenige, der vom Papst beauftragt wurde, den neuen Kalender zu beschreiben und zu rechtfertigen. Sein Werk Explanatio Romani Calendarii (Rom, 1603) ist wesentlich und unverzichtbar für jeden, der diese Reform studieren will.

Wie Clavius darlegte, hätte es eine Vielzahl an möglichen Lösungen für die Kalenderreform gegeben. Beispielsweise hätte man die tatsächliche Tagundnachtgleiche auf dem 11. März belassen können, wo sie seinerzeit war. Oder man hätte auch die gesamte Frage der Datierung des Osterfestes vereinfachen können, indem man es zu einem unbeweglichen Festtag macht, oder man hätte vielleicht astronomische Tabellen zur Bestimmung des ersten Vollmonds im Frühling heranziehen können. Aber das wäre ein erheblicher Bruch mit der Tradition gewesen, die dem Text des Alten Testaments zur Bestimmung des Datums für das Passahfest folgte. Stattdessen zog man vor, den Geist dessen, was auf dem Konzil von Nicäa beschlossen worden war, und die langjährige Tradition der Kirche soweit wie möglich zu respektieren. Da die wahre Tagundnachtgleiche ursprünglich auf den 21. März datiert worden war, änderte die Reform nichts an den Regeln für die Bestimmung des Osterdatums. Zudem wollte man ein einfaches System, für das kein spezielles astronomisches Wissen erforderlich war, in einem Format, das sich von Forschungsreisenden und Missionaren leicht in entfernte Regionen bringen ließ, wo sie den Kalender akkurat und unmissverständlich würden erstellen können.

In Kapitel IV seines Buches führte Clavius weitere Gründe für die Annahme dieser Version des Kalenders an. Er behauptete, dass es nur zu Streitereien führen und die christliche Einheit (die ohnehin schon durch die protestantische Reformation belastet war) weiter in Gefahr bringen würde, wenn man den wahren astronomischen Wert für den Neumond verwenden würde statt des annähernden Werts nach dem metonischen Zyklus von 19 Jahren. Auch die Verwendung astronomischer Tabellen würde nicht helfen, weil die verschiedenen zu der Zeit zur Verfügung stehenden Tabellen Unterschiede aufwiesen. Es schien sinnvoller, einen Kalender anzunehmen, den jeder mit sich herumtragen und nutzen konnte, statt sich auf Experten zu verlassen, die nicht immer einer Meinung waren. Und das war mit Sicherheit der Fall im 16. Jahrhundert.

In den katholischen Ländern wurde der neue Kalender fast sofort akzeptiert. In protestantischen Gebieten regte sich aus naheliegenden politischen und religiösen Gründen großer Widerstand gegen die Annahme der Reformen. Einige protestantische Gemeinden in Norddeutschland beschlossen, die Daten des Vollmonds in Übereinstimmung mit veröffentlichten Ephemeriden zu berechnen. Wie Clavius schon festgestellt hatte, bot ihnen dieser Rückgriff auf astronomische Daten einen Vorwand, die gregorianische Reform nicht zu übernehmen. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts war die Reform dann von allen Europäern außer den orthodoxen Christen akzeptiert. (Eine komplette Liste der Daten, wann die einzelnen Länder die Reform übernahmen, ist in dem vom Königlichen Observatorium in London erstellten Explanatory Supplement to the Astronomical Ephemeris zu finden; oder siehe auch E. G. Richards, The Mapping of Time, Oxford, 1999.)

Der Reformkommission zufolge war der neue Kalender im Grunde ein ewiger Kalender, und zwar in dem Sinne, dass man lediglich eine Abweichung von einem Tag in rund 20.000 Jahren finden würde, wenn man den Wert des tropischen gregorianischen Jahres mit dem Wert vergleichen würde, der in den alfonsinischen Tafeln mit ihren 365,24255 Tagen aufgeführt ist. Viele Menschen dachten, dass die Welt lange vor diesem Tag untergehen würde. Auf jeden Fall kamen sie zu dem Schluss, dass es nicht allzu schwer sein sollte, nach so vielen Jahren diese kleine notwendige Anpassung von einem Tag vorzunehmen. Tatsächlich stellt sich bei einem Vergleich des heutigen tropischen Jahres mit dem gregorianischen Jahr heraus, dass sich die Abweichung von einem Tag sehr viel früher ergibt, nämlich nach nur 3.000 Jahren.

Dennoch gibt es keinen Grund, sich um eine Korrektur des gregorianischen tropischen Jahres zu bemühen. Dann und wann weist jemand darauf hin, dass der Wert des gregorianischen Jahres fehlerhaft ist, was dabei aber im Allgemeinen vergessen wird ist, dass die Reformkommission sich durchaus bewusst war, dass sie sich nicht für den besten und präzisesten Wert für das tropische Jahr entschieden hatten, der seinerzeit zur Verfügung stand, sondern für einen Wert, der durch die Entscheidung bedingt war, die Einschaltungen nur in Säkularjahren vorzunehmen.


Neuzeitliche Versuche, den gregorianischen Kalender zu reformieren

Kommen wir nun auf die Versuche verschiedener Gesellschaften und Nationen zu sprechen, einen ewigen Kalender zu ersinnen. Die Klippe, an der all diese Versuche scheiterten, ist die Tatsache, dass ein Jahr nicht aus einer exakten Anzahl von Wochen besteht. Es gibt immer einen Tag zusätzlich, in Schaltjahren sogar zwei, die nicht zu irgendeiner Woche gehören. Und viele religiöse Gruppen weigern sich strikt, eine Unterbrechung im Zyklus der Wochen zu akzeptieren (und damit auch eine Unregelmäßigkeit bei der Feier des Tages des Herrn).

Bei anderen Vorschlägen ging es darum, den Wert der Länge eines gregorianischen Jahres zu korrigieren, das ein wenig länger als der wirkliche Wert ist; dabei wird aber außer Acht gelassen, dass auch der Tag variabel ist, wie weiter unten angeführt wird, und es nicht ratsam ist, das Jahr zu verändern, um eine bessere Übereinstimmung mit der Bruchzahl der Tage in einem Jahr zu erlangen, wenn gar nicht bekannt ist, wie lang genau ein Tag zukünftig sein wird.

Auf einer Konferenz des Weltkirchenrats 1997 in Aleppo wurde vorgeschlagen, die im gregorianischen Kalender geltenden Regeln zur Bestimmung des Osterdatums abzuschaffen und stattdessen eine präzisere Berechnung anzuwenden, die mehr den verbesserten astronomischen Ephemeriden entsprechen. Das war in verschiedenen protestantischen Ländern für eine Weile erprobt worden, bis sie sich schließlich doch für die Übernahme des gregorianischen Kalenders entschieden; und sicherlich stützen sich die Herausgeber von gedruckten Kalendern heute schon auf astronomische Almanache für die Daten der Mondphasen. Das scheint zwar eine vernünftige Idee, ist aber für die Bestimmung des Osterdatums in der Praxis nicht leicht oder eindeutig umzusetzen.

Wenn man astronomische Tabellen benutzt, muss man zunächst festlegen, welchen Längengrad man für die Berechnung nutzen will (um beispielsweise zu bestimmen, ob ein bestimmter Vollmond an einem Samstag oder Sonntag auftritt). Nehmen wir mal an, dass man übereinkam, die Berechnungen für den Ort Jerusalem durchzuführen. Da die Frühlings-Tagundnachtgleiche für den gregorianischen Kalender unabhängig von der tatsächlichen Position auf der Erde auf den 21. März festgelegt wurde, kann es passieren, dass der Frühlingsanfang auf Jerusalems Längengrad tatsächlich auf den 20.  bzw. in einigen Jahren sogar auf den 19. März fällt. Bei der Vorbereitung der Konferenz von Aleppo wurde das Osterdatum sowohl nach astronomischen als auch nach gregorianischen Methoden errechnet. Für die Jahre von 2001 bis 2100 ergaben die beiden Methoden neun Mal unterschiedliche Daten. Dieser Unterschied ist nicht verwunderlich, weil die Nutzung des Jerusalemer Längengrads alle Daten der Tagundnachtgleiche beeinflusst, die zur Bestimmung des ersten Vollmonds im Frühling genutzt werden.

Während der gregorianische Kalender sich einer einfachen, leicht handhabbaren Arithmetik bedient, die auf ganzen Zahlen beruht, käme bei den vorgeschlagenen Änderungen erschwerend hinzu, dass man Ephemeridenwerte verwenden müsste, die aus Bruchzahlen bestehen und sich laufend verändern. Normalerweise würde dies nicht dazu führen, dass sich die vom gregorianischen bzw. „astronomischen“ Kalender ermittelten Osterdaten voneinander unterscheiden, aber falls es sich so ergibt, dass der Vollmond (in Jerusalem) einige Minuten vor oder nach Mitternacht auftritt, könnte das zu Problemen führen. Glücklicherweise würde das nicht sehr häufig vorkommen, aber es kann auch nicht ausgeschlossen werden: Es würde zu Zweifelsfällen kommen, wenn man das Osterdatum für einen langen Zeitraum berechnen wollte.

Das liegt daran, dass Lunationen mit der sogenannten Terrestrischen Dynamischen Zeit errechnet werden (die man in der Praxis bei „Atomuhren“ hat: sehr präzise Uhren, die auf verschiedenen Eigenschaften von Atomen beruhen). Aber die für die liturgische Berechnung des Osterdatum benötigen Lunationen werden in „Universalzeit“ errechnet, die man einfach dadurch erhält, dass man die Anzahl der Tage, also die Anzahl der Umdrehungen der Erde um ihre Achse zählt. Nun ist die Differenz zwischen den beiden Zeiten – ΔT – auf unkalkulierbare Weise leicht variabel, was sich im Laufe der Zeit ändert, weil die Rotation der Erde um ihre Achse nicht gleichmäßig verläuft. Selbst wenn man mit der Terrestrischen Dynamischen Zeit die präzise Position von Sonne und Mond bis in die ferne Zukunft errechnen würde, wären das nicht die Positionen, die für einen Kalender genutzt würden, die in Universalzeit gemessen werden. Daher wäre es nicht möglich, eine Tabelle mit den Osterdaten für eine ferne Zukunft zu erstellen, sondern lediglich für die Zeitspanne von Jahren, für die die Unbekannte ΔT nicht kritisch ist; anders gesagt, solange nicht die – mit Sicherheit sehr seltene – Situation eintritt, dass der Neumond innerhalb des ΔT-Fehlers der Ephemeride auftritt. Natürlich beeinflusst dies nur die Berechnung des Osterdatums für die ferne Zukunft, aber es wäre nötig, eine Autorität zu schaffen, die entscheidet, was in solchen besonderen Umständen zu tun ist.

Die gregorianische Regelung für die Berechnung des Osterdatum ist in der Praxis sehr einfach und kann automatisch weitergeführt werden, ohne dass es einer Autorität bedarf, die in Zweifelsfällen zu entscheiden hätte, denn es gibt bei dieser Zeitrechnung keine Zweifelsfälle. Nach 3.000 Jahren wird ein Tag ausfallen müssen, weil das gregorianische Jahr wie beschrieben immer noch ein klein wenig zu lang ist. Der Beginn eines Jahrtausends könnte die perfekte Gelegenheit bieten, die Länge des Jahres zu korrigieren und bei der Mondgleichung gleichzeitig eine Anpassung von einer ganzen Reihe von Tagen vorzunehmen, und zwar auf eine Weise, die der fundamentalen Regel der gregorianischen Kalenderreform entspricht.

Die Einführung einer „wissenschaftlicheren“ Bestimmung des Frühlingsvollmonds hat keine Auswirkung auf ein grundlegendes Problem des Osterdatums: Wann sollte Ostern gefeiert werden, wenn man die Wahl zwischen Anfang und Ende der Zeitspanne hat und man sich beispielsweise entweder für den 22. März oder den 25. April entscheiden muss? Anders gefragt: Sollte Ostern zu Beginn des Frühlings oder in der ungefähren Mitte der Jahreszeit gefeiert werden? Diese Schwankung des Osterdatums bedingt die Daten aller anderen beweglichen Feste wie den Beginn der Fastenzeit, das Pfingstfest und die Sonntage im Jahreskreis. Natürlich würde die Festlegung des Osterdatums unabhängig vom Vollmond beispielsweise auf den letzten Sonntag im März oder ersten Sonntag im April diese Schwankung auf weniger als eine Woche reduzieren. Aber das würde offenkundig dem Geist des Konzils von Nicäa zuwiderlaufen.

Insgesamt gesehen, scheint es keine gute Idee, Änderungen im Kalender einzuführen, es sei denn, sie wären wirklich wohlüberlegt und voraussichtlich auf Dauer angelegt. Nicht zuletzt würden jegliche Veränderungen zu großen Verwirrungen in der historischen Chronologie führen. Was auch immer für Veränderungen an den Kalenderregeln vorgenommen werden, für Christen ist vor allem das Osterdatum von grundlegender Bedeutung, die dieses Datum mit allen Christen teilen wollen, um weitere Spaltungen und Verwirrungen zu vermeiden. Man kann sich fragen, ob eine höhere Genauigkeit, die mit der Nutzung von anhand neuzeitlicher Ephemeride errechneter Mondpositionen gerechtfertigt wäre, wenn dies ansonsten weder dem Alten Testament noch der traditionellen Praxis der Christen entspräche. Auf jeden Fall darf man nicht vergessen, dass das grundlegende Intention, die das Konzil von Nicäa leitete, weniger eine astronomische Präzision, sondern vielmehr die Einheit aller Christen bei der Begehung des Osterfestes war.

Fr. Juan Casanovas S.J.
Veröffentlicht im Juni 2019

Fr. JUAN CASANOVAS S.J. (Spanien) war Solarastronom und Astronomiehistoriker. Sein Artikel „La Determinazione della Pasqua“ erschien 2001 in der Zeitschrift Rivista Liturgica und wurde von Guy Consolmagno bearbeitet und ins Englische übersetzt. Die Übersetzung vom Englischen ins Deutsche besorgte Ina Goertz.

Bildnachweis
Titelbild: (c) Adobe Stock 139905244
Alle weiteren Bilder: (c) Vatikanisches Observatorium

Die Himmel verkünden...

Juan Casanovas SJ erklärt in seinem Artikel das Modell der Kalenderberechnung seit frühen Zeiten. Leuchten Ihnen seine Ausführungen ein?

Kommentare (1)

  • h.-p.lieth
    h.-p.lieth
    am 27.06.2019
    Vorab und wg. der Kürze (meiner) Zeit : Nur ein herzliches "DANKE!" für diese Neue DIALOG-Reihe (unter der bewährten Ägide
    von Herrn Dr. Vogelsang ). Freue mich auf weitere Beiträge , zumal ich nicht mehr -wie früher- an allen Tagungen teilnehmen kann.

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