Und Sie bewegt sich doch! Astronomie und Glaube von Christoph Gerhard
Rezension von Emanuel Graf
Astronomie wie Glaube, beides sind Leidenschaften des Benediktinerpaters Christoph Gerhard, der sich mit Hingabe für ein Miteinander der beiden einsetzt. Sein Buch kann als Plädoyer dafür verstanden werden, dass das Leben durch ein ausgewogenes Miteinander der naturwissenschaftlichen Perspektive und derjenigen des Glaubens reicher wird.
Gerhard beginnt mit einer Darstellung der Geschichte der Astronomie und der Astrologie, welche in ihren Anfängen in Ägypten und in Mesopotamien noch nicht voneinander getrennt wurden und deshalb auch mit den Göttern dieser Zivilisationen verbunden waren. Während die Ägypter ihre Götter den Sternen und Sonne und Mond zuordneten, waren die ersten Astronomen in Mesopotamien mehr an den sich am Himmel bewegenden Planeten interessiert und ihre Gottheiten mit diesen verbunden. In der israelitischen Religion kommt es dann zu einer ersten Trennung zwischen Glauben und Astronomie. Für die biblischen Schöpfungstexte sind die Himmelskörper keine Götter mehr, sondern Geschöpfe des einen Schöpfergottes. An ihnen kann der Mensch den Tag, die Nacht und die Zeiten erkennen. Diese Funktion behalten sie auch in den mittelalterlichen Klöstern, sei es zur Bestimmung des Ostertermins oder der genauen Gebetszeiten im klösterlichen Tagesablauf.
Gerhards Überblick durch die Geschichte des Glaubens und der Astronomie endet mit drei Personen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Niklaus Kopernikus und Johannes Kepler dienen als Beispiele für bedeutende Physiker, deren astronomische Erkenntnisse und Arbeiten keinen Widerspruch zu ihrem Glauben darstellten. Den Abschluss macht ein kurzer Abriss des Lebens und Schaffens von Galileo Galilei. Für Gerhard ging Galileis Anliegen, zwischen der tradierten Theologie und Philosophie und den neu entstehenden Naturwissenschaften zu vermitteln, im Prozess gegen ihn unter. Galilei ist für ihn ein Opfer der Machtpolitik der Kirche dieser Zeit; keinesfalls ging es um die Natur der Welt.
Der oft angenommene Gegensatz von Wissenschaft und Glaube ist für Gerhard ein Konstrukt des Kulturkampfs im 19. Jahrhunderts. Er wurde gegen die katholische Kirche eingesetzt, um die sich entwickelnde Wissenschaft unabhängig von den Repräsentanten der Kirche und ihrem Einfluss zu machen. Diesem Gegensatz widerspricht der Schlussteil des Buches, der eher im Stil eines persönlichen Essays verfasst ist. Der Autor zeigt auf, wie er in seinem Leben die beiden Bereiche Glauben und Astronomie zusammenbringt, wo die Grenzen der beiden Gebiete liegen und wie sie sich gegenseitig ergänzen und erweitern. Theologie und Naturwissenschaften haben ihren je eigenen Bereich und ihre eigenen Fragestellungen. In seinem Leben verbindet der Autor beide Bereiche. Die astronomische Erkenntnis der unvorstellbaren Grösse des Universums z.B. bewahrt den Autor auf der einen Seite davor Gott so klein zu denken, dass er seinen menschlichen Vorstellungen entspricht. Auf der anderen Seite liefert die Astronomie keine Antworten auf grundsätzliche Fragen wie «Weshalb ist überhaupt etwas?» oder «Wie tragen wir Verantwortung für unsere Erde und Mitwelt?». Diese Fragen werden durch das Studium der Erde und des Universums provoziert, sie benötigen allerdings andere Herangehensweisen für ihre Beantwortung.
Durch den persönlichen Stil aus der Perspektive des Glaubenden, verbunden mit der einfachen und verständlichen Sprache, ist diese Buch ideal für Personen, welche einerseits dem Glauben nahestehenden und sich anderseits dadurch in einem Konflikt mit den Naturwissenschaften befindlich wähnen.
Emanuel Graf
Hardcover, ISBN 978-3-7365-0052-2, 126 Seiten, Vier-Türme-Verlag, 14.99 €