Deutung der Wirklichkeit

Ist die Welt, so wie sie die Naturwissenschaften erklären, die ganze Wirklichkeit? Oder gibt es da noch mehr zu erfahren, weniger geordnet und greifbar, aber nicht weniger wirklich? Die Dimension der Zeit ist in der Thermodynamik angelegt, und doch redet die Theologie von etwas mehr, von der „erfüllten Zeit“ oder von „Ewigkeit“. Und was ist mit dem Jenseits? Gibt es echte Transzendenz? Kann man solche Überzeugungen und Zeugnisse als Teil der Wirklichkeit deuten, in der wir leben? Darüber kann man geteilter Meinung sein. Schließlich ist die Gottesfrage selbst auf ihren Wirklichkeitsgehalt zu untersuchen: Entzieht sie sich der rationalen Beschreibung oder kann man Gott gar beweisen?  Was ist der Grund der Wirklichkeit: Warum gibt es überhaupt etwas und nicht etwa nichts? Manche Fragen können die Naturwissenschaften nicht beantworten. Doch jede Deutung der Wirklichkeit muss sie und ihre Ergebnisse berücksichtigen, auch wenn sich auch die Naturwissenschaften selbst natürlich noch weiter entwickeln.

Andreas Losch

Harald Lesch, Der Stern von Bethlehem (Html)

Seit vielen Jahrhunderten untersucht man den historischen Hintergrund der Bibel. Hierzu gehört auch eine astronomische Erklärung der so märchenhaft anmutenden Himmelserscheinung, die die Weisen aus dem Morgenland nach Jerusalem an den Hof König Herodes führte: der Stern von Bethlehem. Könnte hinter dieser Geschichte ein wahres Ereignis am Himmel stecken?

Arnold Benz, Das Universum - ein Grund zum Staunen (Html)

Das Universum ist immens, unvorstellbar gross. Als Tycho Brahe vor vierhundert Jahren das Universum modellierte, setzte er seinen Rand kurz jenseits des Planeten Saturn. Wir wissen heute, dass das beobachtbare Universum eine Billiarde (1015) mal grösser ist. Unfassbar!

Ted Peters, Astrotheologie (Html)

Im Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften bietet die Astrobiologie eine Reihe faszinierender Herausforderungen. Die Erforschung des Weltraums erfordert nämlich mehr als nur den Blick in die Sterne durch ein Teleskop. Sie umfasst notwendigerweise auch die Urknall-Kosmologie, die Evolutionsbiologie und die Relativitätstheorie. Laut NASA ist Astrobiologie die Untersuchung des Ursprungs, der Entwicklung und der Verbreitung von Leben im Universum.

Matthias Haudel, Ganzheitliche Wirklichkeitserkennntis (Html)

Die Lebenswirklichkeit des Menschen ist vielschichtig und in unterschiedliche Erfahrungsdimensionen eingebunden. Damit geht die existenzielle Suche nach sinnvoller Ganzheit der verschiedenen lebensweltlichen Zusammenhänge einher. Diesem Grundbedürfnis nach ganzheitlicher Wirklichkeitserkenntnis kann der Dialog von Theologie und Naturwissenschaft maßgeblich dienen, indem er ein ganzheitliches Wirklichkeitsverständnis ermöglicht.

Ulrich Beuttler, Wo wohnt Gott? (Html)

Früher, als die Welt noch endlich und viel kleiner war, hätte man gesagt: Gott wohnt im Himmel. Gott wohnt dort, wo die sichtbare Welt aufhört. Am Ende der Welt, sagte man im Mittelalter, hinter dem sichtbaren Himmel, hinter den Sphären der Planeten und Sterne, beginnt der Himmel Gottes. Dort wohnt Gott mit den Engeln, den Heiligen und Seligen. So hat es Hartmann Schedel anschaulich in seiner Weltchronik von 1493 gezeichnet. Im Laufe der Neuzeit wurde die Welt jedoch zum Universum, sie wurde größer und größer, ist heute knapp 14 Milliarden Lichtjahre ausgedehnt. Wo wohnt Gott jetzt? Man kann sagen, er wohnt im Unendlichen, man kann aber auch sagen, er wohnt überall und nirgends.

Hans-Dieter Mutschler, Was sind Wunder? (Html)

Wunder kennen wir aus der Bibel und aus der religiösen Überlieferung, zumindest meinen wir zu wissen, was ein Wunder ist. Was aber macht sie wirklich aus? Es gibt zwei Fehldeutungen des Wortes ‘Wunder’, die sehr ver­breitet sind und sich gegensätzlich wähnen, wo sie doch auf derselben Verwechslung beruhen: Einmal das materialistische, zum anderen das religiös-fundamentalistische Konzept. Beide unterstellen, dass Wunder etwas objektiv Feststellbares sind, wie z.B. eine Sonnenfinsternis oder ein Kanonenknall. Solche Ereignisse sind ja in keiner Weise von meiner ideologi­schen Voreinstellung abhängig. Wer sie leugnet, wäre ein kli­nischer Fall. Bei Wundern ist das aber nicht so.

Suzann-Viola Renninger, Newtons Truhe: Gott, die Gravitation und das Gefüge der Welt (Html)

An dem Tag, an dem ich als Teenager das Gravitationsgesetz von Isaac Newton kennenlernte, begann ich an der Vernünftigkeit der Wissenschaft zu zweifeln. Schien doch die Gravitationskraft in den Religions-, nicht jedoch den Physikunterricht zu gehören. Tatsächlich hatte der Glauben an den einen und allmächtigen Gott Newton zur Idee dieser Kraft und zu der Gewissheit geführt, dass die Welt von wenigen, universellen Grundgesetzen bestimmt wird. Der Erfolg dieser Gesetze, die er 1687 in der «Philosophiae Naturalis Principia Mathematica» vorstellte, spornte seine Nachfolger an, auch in den anderen Gebieten der damaligen Natur- und auch Moralphilosophie nach allgemeinen Prinzipien zu suchen. Eine Fokussierung, die neben Erfolgen auch Nachteile mit sich brachte, da sie die Entwicklung eigenständiger und nicht an der Newtonschen Physik orientierter Erklärungsstrategien bis heute behindert. Ich meine daher, es sei lohnenswert darüber nachzudenken, inwieweit der Glaube an Gott, von dem die Wissenschaften seit der Aufklärung sich vermeintlich befreit haben, weiterhin in der Suche nach Einheit und Ordnung wirkt und die Entwicklung der modernen Wissenschaften bestimmt.

Thomas J. Oord, Ein wilder Gott (Html)

Wie sollen wir über Gottes Gegenwart in der Schöpfung denken? Wie über jemanden, der auf einem Turm steht und auf unbedeutende Kreaturen im Fluss der Geschichte hinabsieht? Manche Theologen sprechen von einem Gott, der "weit über" uns oder überweltlich ist. Ich dagegen betone Gottes Allgegenwart und Allzeitlichkeit. Die Perspektive Gottes fühlt die Schöpfung eher als von oben auf sie zu schauen. Wenn man, so wie ich, der Meinung ist, dass Gottes Werk immer Ausdruck von Liebe ist und deshalb immer ohne kontrollierenden Herrschaftsanspruch, dann könnte man denken, dass die Gesundheit von Gottes Ökologie der Liebe zum Teil davon abhängt, wie wir und andere Organismen auf Gottes Einfluss reagieren.

Michael Blume, Die Antwort auf die Anthropodizee? (Html)

Werden religiöse Mythologien durch wissenschaftliche Informationen überflüssig? Viele Menschen glauben dies immer noch. Dabei zeigt ausgerechnet die wissenschaftliche, interdisziplinäre Disziplin der Religionsdemografie immer massiver auf: Umso besser es Menschen geht und umso gebildeter sie im Durchschnitt sind, umso stärker stoßen sie an die philosophische Grundfrage der #Anthropodizee: Warum soll Leben weitergegeben werden, wenn doch jedes Leben ohnehin nur leidet und letztlich sinnfrei wieder stirbt? Auf diese Frage haben bislang nur religiöse Traditionen empirisch wirksame Antworten gefunden. Erkenntnistheoretisch befriedigende Lösungen dieses paradoxen Befundes stehen noch aus. Fehlen uns dazu Begriffe – oder Informationen?

Christian Link,Wie kann Gott in der Natur und in der Welt erfahren werden? (Html)

Die Bibel geht mit Selbstverständlichkeit davon aus, dass Gott, den „niemand je gesehen hat“ (Joh. 1,18), gleichwohl erfahrbar ist; dass die Welt eine theologische Aussage hat, die wir verstehen können, ja dass es durchaus nicht unmöglich ist, in ihren Spuren zu lesen. So heißt es im 19. Psalm: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt das Werk seiner Hände. Ein Tag sagt es dem andern und eine Nacht tut es der andern kund.“ Unbefangen erklärt das Buch Hiob (12,7-9): „Befrage doch das Tier, es wird dich lehren … Erzählen werden dir’s die Fische des Meeres: Wer weiß nicht Bescheid von dem allen, dass Gottes Hand dies gemacht hat?“ Die Welt ist durchlässig für die Wahrheit, die sich hinter Gottes Namen verbirgt. Die Natur ist transparent für ein uns entzogenes Geheimnis. Sie weist über sich selbst hinaus auf etwas, das nicht Natur ist und doch in jedem Einzelnen in ihr zur Erscheinung kommt. Doch wie bringen wir das mit den Evidenzen unseres modernen Weltbildes in Einklang?

Jens Schlieter,Nahtoderfahrungen in religionswissenschaftlicher Perspektive (Html)

Berichte von Nahtoderfahrungen sind zu einer bedeutenden Sinnressource der zeitgenössischen Spiritualität geworden, und dies trotz aller biomedizinischen Beteuerungen, dass die Visionen in Todesnähe neurophysiologisch und psychopharmakologisch erklärt werden könnten. Es war der amerikanische Arzt Raymond Moody, der 1975 die verschiedenen Elemente aus diesen Berichten unter dem Oberbegriff „near death experiences“ zusammenstellte. Er gab damit den heterogenen Erfahrungen in Todesnähe einen gemeinsamen Rahmen und griffigen, wenn auch irreführenden Namen, denn manche wurden nicht in Todesgefahr, sondern in Todesangst gemacht. Wie lässt sich das Phänomen solcher Erfahrungen religionswissenschaftlich beschreiben?

Frank Vogelsang, Ist die Welt "in Ordnung"? - Plädoyer für eine "offene Wirklichkeit" (Html)

Das Projekt der methodisch wissenschaftlichen Naturforschung ist menschheitsgeschichtlich einmalig. Es hat unser Bild von der Welt in den letzten 400 Jahren gravierend verändert. Der Wechsel etwa vom geozentrischen zum heliozentrischen Vorstellung unseres Planetensystems ist schon oft beschrieben worden, ebenso die weltanschaulichen Folgen. Friedrich Nietzsche hat das in einer schönen Formulierung zugespitzt: „So rollt seit Copernikus der Mensch aus dem Zentrum ins x.“

Dirk Evers, Kann man Gott wissenschaftlich beweisen (Html)

So oder ähnlich wird immer wieder gefragt, wenn es darum geht, ob ein Gottesglauben vernünftigerweise gerechtfertigt werden könne. Und in der Geschichte des Abendlandes, von den Anfängen im griechischen Denken bis heute, hat diese Frage viele Denker beschäftigt. Doch schon die Formulierung dieser Frage verlangt nach Klärungen. Zunächst einmal ist zu fragen, was denn überhaupt als ein Beweis in dem geforderten wissenschaftlichen Sinne gelten kann.

Antje Jackelen, Zeit und Ewigkeit (Html)

"Was also ist 'Zeit'? Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es; will ich es einem Fragenden erklären, weiß ich es nicht." Sobald von der Zeit die Rede ist, wird diese Bemerkung des Kirchenvaters Augustin aus dem Jahre 397 gern zitiert. Sie stammt aus dem elften Buch seiner Bekenntnisse, in dem Augustin sich intensiv mit der Zeit auseinandersetzt. Viel seltener ist von den Anfangszeilen dieses elften Buchs die Rede.

Willem B. Drees, Das Universum... Erklärbar oder ein Mysterium? (Html)

Wird es jemals eine Antwort auf alle Fragen zum frühen Weltall geben? Meiner Meinung nach kann die Wissenschaft den Horizont weiter hinausschieben: unser Blick wird weiter reichen, und dadurch werden wir Dinge auch anders sehen. Jedoch kann die Wissenschaft den "Horizont des Nicht-Wissens" nicht aufheben; es bleibt "ein Nebel, in den unsere Fragen entschwinden, und nie kommt ein Echo jemals zurück".

 

Karen Gloy, Was ist Zeit? (pdf)

Wir alle wissen, was Zeit ist, zumindest meinen wir zu wissen, was Zeit sei. Wir können Ereignisse und Abläufe nur dann identifizieren und hinsichtlich ihres Eintritts und ihrer Dauer bestimmen, wenn wir sie in die Zeit einordnen, ebenso in den Raum und auf unseren jeweiligen momentanen Standpunkt beziehen. Von diesem aus werfen wir – einem Gradnetz gleich – die modalen Aspekte von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft über die Dinge, um diese so in ihren sukzessiven Verhältnissen, ihrer Vorgängigkeit, Nachfolgendheit und Gleichzeitigkeit, also ihrem Früher-, Später- und Gleichzeitig-Sein zu bestimmen, wobei in der Erinnerung ferne Zeiten und in der Vorausschau zukünftige sich abstandmäßig zunehmend verkürzen.

(aus: Frank Vogelsang et. al., Alles fließt!? Zu den Auffassungen der Zeit in den Natur- und Geisteswissenschaften, Bonn 2014)

Frank Vogelsang,  Kann man von der Zeit reden? Plädoyer für eine Vielzahl von Zeiten (pdf)

Es ist eines der grundlegenden Rätsel der Zeit, dass man sie in ganz unterschiedlichen Weisen beschreiben kann. Die vielen Versuche, diese Weisen zu systematisieren, zu harmonisieren, haben immer wieder offene Fragen hinterlassen, die Anlass für weitere Bemühungen waren. Die folgenden Überlegungen plädieren dafür, Zeit zunächst einmal in der Unterschiedlichkeit, in der sie sich in unterschiedlichen Erscheinungsweisen zeigt, wahrzunehmen und sie nicht auf einen Begriff zu bringen.

(aus: Frank Vogelsang et. al., Alles fließt!? Zu den Auffassungen der Zeit in den Natur- und Geisteswissenschaften, Bonn 2014)